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Interessengemeinschaft pflegender Angehöriger

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Vier Personen unterschiedlichen Alters und Geschlechts gehen gemeinsam Hand in Hand

02.04.2024

Hanna Fiedler - liebevolle Gedanken unserer Vizepräsidentin zum Thema Demenz

Weißt du, mein Onkel Peter war immer schon ein besonderer Mensch. Er hatte eine einzigartige Art, sich an Dinge zu erinnern. Ich weiß noch, dass er uns immer Geschichten aus seiner Jugend erzählte und dabei jedes Detail so lebendig geschildert hat, als ob es gestern passiert wäre.
Irgendwann hat er das dann auch aufgeschrieben. "Wenn es für euch wirklich so spannend ist, was ich euch zu erzählen habe", hat er damals gesagt, "dann könnt ihr es vielleicht auch einmal euren Kindern vorlesen. Vielleicht genießen die dann auch die Erzählungen und die Zeit beim Vorlesen".
Aber vor ein paar Jahren veränderte sich etwas bei ihm. Er wurde vergesslicher, und manchmal schien er auch ein wenig verwirrt zu sein. Zu dieser Zeit hat es dann auch nicht mehr lange gedauert, bis wir herausgefunden hatten, dass der Onkel eine Form einer demenziellen Erkrankung hatte.
Unsere regelmäßigen Besuche blieben aufrecht, und zusätzlich kümmerte sich jeden Tag jemand anderer aus der Familie um sein Wohlergehen.
Das Leben mit einer an Demenz erkrankten Person kann ziemlich schwierig sein. Man weiß nie genau, was derjenige gerade denkt oder fühlt. Du musst ständig aufpassen, dass nicht irgendetwas passiert. Aber trotz aller dieser Herausforderungen gibt es Momente voller Freude und auch Liebe.
In unserem Fall war es zum Beispiel an einem Tag, an dem wir das erste Mal von einem Brief erfuhren. Einen Brief, den Onkel Peter mir eines Tages in die Hand drückte.
Ich weiß noch ganz genau, wie das damals war. Wir waren alle im Wohnzimmer versammelt und plötzlich stand Onkel Peter auf und ging in sein Zimmer. Wir dachten uns nichts dabei, weil das öfter passiert. Manchmal ist er einfach müde und dann geht er auch ohne ein Wort in sein Zimmer und legt sich einfach aufs Bett. Aber dieses Mal kam er nach einigen Minuten schon wieder heraus und wedelte lachend mit einem Umschlag, den er in der Hand hielt, vor unseren Augen herum.
Er setzte sich neben mich auf die Couch und reichte mir den Umschlag:
"Lies mal!", sagte er nur knapp. Ich öffnete den Umschlag vorsichtig und begann zu lesen:
"Lieber Peter", stand da in seiner unverkennbaren Handschrift geschrieben. "Heute habe ich deinen Geburtstag gefeiert, alle waren da und ich glaube, wir haben sehr viel gelacht".
Es war für mich sehr schwer, das der ganzen Familie vorzulesen, weil sich meine Augen sofort mit Tränen füllten.
Mein Onkel Peter hatte an sich selbst einen Brief geschrieben, um sich an seinen eigenen Geburtstag und an diesen Tag zu erinnern. Es war so ein besonderer Moment, denn ich wusste nun, dass er seine Erinnerung aufbewahrte und sie festhielt. Auf seine ganz eigene Art!
In den folgenden Jahren fanden wir oft solche Briefe in seiner Wohnung. Viele waren sehr persönlich und rührten uns zu Tränen, andere wieder enthielten nur Listen mit Dingen, an die er sich unbedingt erinnern wollte.
Heute bin ich so dankbar für diese Momente mit Onkel Peter; auch wenn er manchmal schwierig war, zeigen mir solche Erlebnisse, dass das Leben trotz der Krankheit auch voll Freude sein kann.
Und übrigens, ich hab' seine Briefe noch immer, und wenn ich sie lese, spüre ich die Wärme und die Liebe, die sie ausstrahlen.

Telefon: 0650/3238138
E-Mail: hanna.fiedler@ig-pflege.at